Albrecht Meydenbauers Karte von Freyburg/Unstrut: Genauigkeitsuntersuchung und historische Einordnung der ersten deutschen photogrammetrischen Geländeaufnahme

Master Thesis at ifp - Aljoša Čekić

Aljoša Čekić

Albrecht Meydenbauers Karte von Freyburg/Unstrut: Genauigkeitsuntersuchung und historische Einordnung der ersten deutschen photogrammetrischen Geländeaufnahme

Dauer: 6 Monate
Abgabe: November 2023
Betreuer und Prüfer: Dr.-Ing. Michael Cramer

Motivation

Die Meydenbauer'sche Karte von Freyburg/Unstrut ist die erste photogrammetrisch erzeugte Geländekarte. Diese 1867 erstellte Karte, die unter Verwendung der terrestrischen Photogrammetrie von Albrecht Meydenbauer erstellt wurde, stieß in Fachkreisen nicht auf einstimmige Zustimmung. Aus diesem Grund stellt die finale Qualitätsbeurteilung und damit Klärung widersprüchlicher Berichte eine wesentliche Motivation für diese Masterarbeit dar, da viele der positiven und negativen Berichte als unzureichend detailliert oder lückenhaft angesehen werden können. Die bislang umfassendste Bewertung der Meydenbauer'schen Karte, die bisher vorliegt, stammt aus dem Jahr 1937. In der hier durchgeführten Arbeit wurden modernste Referenzdaten der Landesvermessung verwendet, um die Genauigkeit der Meydenbauer'schen Karte zu bestimmen.

 

Die erste photogrammetrische Karte Deutschlands

Die Umgebung von Naumburg wurde als geeigneter Standort gewählt, und im Rahmen einer speziellen Erkundung konzentrierte sich die Aufnahme auf das Unstruttal bei der Stadt Freyburg. Die speziell für die photogrammetrische Aufnahme konzipierte Kamera wurde gemäß den Anweisungen von Meydenbauer bei der optischen Firma Busch in Rathenow hergestellt, wobei der Vorsitzende des Photographischen Vereins Berlin, Vogel, und Stolze Unterstützung leisteten. Die Standorte für die Positionierung des Instrumentes wurden sorgfältig ausgewählt, um eine möglichst ungestörte Sicht auf das zu erfassende Gelände zu gewährleisten. Als Resultat wurden sechs Aufnahmestandpunkte (I-VI) festgelegt und mit Signalen markiertmen. Für die Interpolation der Höhenlinien werden ungefähr 300 photogrammetrische bestimmte Punkte als Grundlage genutzt. Die Erstellung der gesamten Karte dauerte drei Wochen. Anschließend wurde der im Maßstab 1:1000 zeichnerisch erstellte Plan photographisch auf einen Maßstab von 1:5000 reduziert (Abbildung 1).

Abbildung 1: Die Karte von Freyburg (Unstrut) im Maßstab 1:5000 (Quelle: Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum)

Methodik

Die Analyse der Karte wird in drei Schritten durchgeführt: Untersuchung der Lagegenauigkeit, Analyse der Höhengenauigkeit und kartografischer Vergleich mit einer praktisch zeitgleich (1858) aber klassisch entstandenen Karte von Freyburg (Unstrut). Für die Lagegenauigkeitsanalyse wird zunächst eine geeignete Transformation zwischen dem Digitalisat der Meydenbauer’schen Karte und den Referenzdaten ausgewählt. In Abbildung 2 sind die identischen Punkte für das ein Digitalisat dargestellt, wobei ein Gitter, das durch die Faltenlinien der analogen Karte entstanden ist, über die Karte gelegt ist. Die Transformationen werden mithilfe des Tools "Georeferencer" in QGIS durchgeführt. Für die Höhengenauigkeitsanalyse werden die Höhenlinien vektorisiert und anhand dieser Linien wird das DGM generiert. Für den Vergleich mit der zweiten Karte von Freyburg (Unstrut), auch als Plan von Freyburg (Unstrut) bezeichnet, wird zunächst eine Lagegenauigkeitsanalyse mit derselben Methodik durchgeführt. Zur Qualitätsüberprüfung der Meydenbauer‘schen Karte wird abschließend die kartographische Darstellung beider Karten untersucht.

Abbildung 2: Die alle identischen Punkte mit Gitter, das durch die Faltungslinie entstanden ist, für Terrainprobe Digitalisat StaBi-München

Ergebnisse

Die Genauigkeit der Lage wird exemplarisch für die gesamte Karte angegeben. Die Transformation erfolgte unter Verwendung einer festgelegten Anzahl von Punkten als Passpunkte und der verbleibenden Punkte als Kontrollpunkte. In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der statistischen Analyse für die 2D-Genauigkeitsanalyse in Bezug auf diese spezifische Transformation dargestellt. Abschließend werden in Abbildung 3 die durch den Vergleich mit den Referenzkoordinaten berechneten Differenzen an Pass- und den Kontrollpunkten für die gesamte Karte veranschaulicht.

Tabelle 1: Die Statistik für die gesamte Karte von Terrainprobe Digitalisat StaBi-München, wobei eine Menge von Punkte als Kontrollpunkte gewählt sind
Abbildung 3: Karte der berechneten Differenzen an Pass- und den Kontrollpunkten (Digitalisat StaBi-München)

Abbildung 4 veranschaulicht die Karte der Differenzen zwischen den interpolierten DGM aus den Höhenlinien der Meydenbauer'schen Karte und den DGM aus aktuellen Laserscanning-Messverfahren.

Abbildung 4: Karte der Differenzen zwischen den interpolierten DGM aus den Höhenlinien der Meydenbauer'schen Karte und den DGM aus aktuellen Laserscanning-Messverfahren

Fazit

Die Untersuchungen konnten eine generelle 2D-Genauigkeit der Meydenbauer'schen Karte im Bereich von 2-5 m ± 2 m nachweisen. Im Vergleich zu dem klassisch (vermutlich mittels Messtischaufnahme) erzeugten Plans von Freyburg, ist diese Genauigkeit um den Faktor 10 besser! Das ist eine signifikante Verbesserung der Kartierungsgenauigkeit!

Aufgrund eines gewissen Unsicherheitsbereichs bei den digitalisierten Höhenlinien wird die Z-Genauigkeit der Karte wie folgt klassifiziert: Im Stadtgebiet, dem Unstruttal und größtenteils flachen Gebieten auf der anderen Seite der Unstrut beträgt die Z-Genauigkeit 6 m ± 11 m, während sie für die hauptsächlich im Osten der Karte gelegenen Hügelgebiete 6 m ± 20 m beträgt. Die Genauigkeit des gezeichneten und generierten Geländemodells liegt im Bereich von Metern, was ein zufriedenstellendes Ergebnis darstellt. Die tatsächliche Topografie des Geländes wird durch Meydenbauers Kartierung sehr gut wiedergegeben, auch wenn teilweise noch größere absolute Höhenfehler existieren. Der vorliegende quasi zeitgleich entstandene Plan von Freyburg enthält keinerlei Höhenangaben.

Die kartographische Darstellung der einzelnen Merkmale auf beiden Karten (Meydenbauer und Plan von Freyburg) unterscheidet sich nicht wesentlich, jedoch ist das Niveau der Detaillierung auf der Meydenbauer’schen Karte deutlich größer.

Basierend auf all diesen Aussagen und der gesamten Analyse lässt sich feststellen, dass die Meydenbauersche Karte und seine Methode äußerst wertvolle Ergebnisse im Hinblick auf die Ergebnisse der Genauigkeitsanalyse aufweisen. Die photogrammetrische Methode von A. Meydenbauer hat zweifellos einen wesentlichen Fortschritt in den Möglichkeiten der Kartierung im 19. Jahrhundert dargestellt.

Ansprechpartner

Dieses Bild zeigt Michael Cramer

Michael Cramer

Dr.-Ing.

Gruppenleiter Photogrammetrische Systeme

Zum Seitenanfang