David Dubenzow
Qualitätsbeurteilung von Satellitenbildern mit MTF
Dauer der Arbeit: 4 Monate
Fertigstellung: Oktober 2024
Betreuer: Mathias Schneider, Dr. Tobias Storch (DLR Oberpfaffenhofen)
Prüfer: Dr.-Ing. Michael Cramer
Motivation
Fotografie ist bereits seit vielen Jahrzehnten ein geeignetes Werkzeug zur Dokumentation von Momenten. Die Anwendungen sind dabei weitreichend von künstlerischer Darstellung bis zur Vermessung, und mit der Zeit hat sich die Qualität erheblich verbessert. Für die diversen Anwendungen variieren die Anforderungen an das optische System. Eine signifikante Rolle spielt dabei die Auflösung, die sich mit unterschiedlichen Größen beschreiben lässt. Dabei gibt es Auflösungsgrößen, für die Kenntnisse bezüglich des optischen Systems benötigt werden. Dahingegen wird nur das zu untersuchende Bild benötigt, um die Auflösung mit einer MTF-Kurve zu bestimmen.
Das Ziel dieser Abschlussarbeit ist es, ein Analysewerkzeug in der Programmiersprache Python zu implementieren, das die Auflösung von Fernerkundungsdaten anhand der MTF bestimmt. Die nächsten Absätze befassen sich einerseits mit der theoretischen Bestimmung von MTF-Kurven und andererseits mit der praktischen Anwendung des implementierten Werkzeugs, sowie einer Vergleichsanalyse mit einer zur Verfügung stehenden Software zur Bestimmung von MTF-Kurven.
Modulationsübertragungsfunktion
Räumliche Auflösung lässt sich mit Linienpaaren untersuchen, doch reicht nicht ein Linienpaar aus, um die Auflösungsqualität zu bestimmen. Zu untersuchen ist das Verhalten der Objektabbildung für unterschiedliche Abstände der Linienpaare, das als eine Funktion, die Modulationsübertragungsfunktion, dargestellt wird [Nasse, 2008].
Die optische Übertragungsfunktion beschreibt, wie ein optisches System von der Objektivebene in die Bildebene abbildet. Wird eine zweidimensionale Helligkeitsverteilung betrachtet, so erfährt diese durch die Abbildung eine Phasen- und Amplitudenveränderung. Die dabei reduzierte Amplitude lässt sich als reduzierter Kontrast bezeichnen. Der Kontrast C lässt sich ebenso mit Intensitäten I bestimmen: C = (Imax - Imin)/(Imax+Imin). Das Verhältnis aus Bild- und Objektkontrast definiert die Modulationsübertragungsfunktion (kurz: MTF): MTF=CBild/CObjekt [Tiziani, 1977].
Voraussetzung für die Bestimmung der MTF-Kurven ist ein Bildausschnitt mit einer Kante. Dabei orientiert sich die Implementierung an der Norm ISO 12233, und wird auch als “Slanted-Edge-Verfahren” bezeichnet [Birchfield, 2017]:
- Ein Bildausschnitt wird manuell oder automatisiert definiert.
- Die Analyse beschränkt sich auf einen Spektralkanal oder die gewichtete Summe mehrerer Kanäle.
- Die Kante im Bild wird detektiert, und die Bildkoordinaten werden erfasst.
- Anhand dieser Koordinaten wird die Kante als lineare Funktion approximiert.
- Senkrecht zur Kante werden Kantenprofile erfasst und damit die Edge Spread Function (kurz: ESF, s. Abb. 1) bestimmt. Dabei ist die ESF die Antwort eines Abbildungssystems auf eine Kante, also eine zweidimensionale Treppenfunktion.
- Die Ableitung der ESF ergibt die Line Spread Function (kurz: LSF, s. Abb. 1). Analog zur ESF ist die LSF definiert als die Antwort eines Abbildungssystems auf eine linienförmige Quelle.
- Die Fourier-Transformation der LSF liefert eine Schätzung für den Verlauf der MTF-Kurve. Die MTF resultiert aus der Normierung jener Fourier-Transformierten.
Vergleich mit Quick MTF
Eine Alternative zur Bestimmung von MTF-Kurven bietet die Software Quick MTF. Aufgrund dessen, dass die Software, so wie das implementierte Werkzeug, auf dem “Slanted-Edge-Verfahren” der ISO 12233 Norm beruht, wird untersucht, inwiefern sich diese Werkzeuge unterscheiden.
Beide Werkzeuge bieten die Möglichkeit, mehrere Farbkanäle zu gewichten. Dabei unterscheiden sich die Gewichte erst in der vierten Dezimalstelle. Die Kantendetektion erfolgt intensitätsbasiert. Der entscheidende Unterschied ergibt sich in der Bestimmung der ESF. Dabei wird in Quick MTF eine subpixelgenaue ESF bestimmt, indem die diskreten Messungen lokal linear interpoliert werden. Für diese Variante ist es relevant, die daraus resultierende MTF zu korrigieren [Cunningham, 1987]. Dahingegen ist im Programm implementiert, dass die Messungen der Intensitäten global mit einer Sigmoid-Funktion fs(x) = (a)/(1+exp[(x-b)/(c)])+d approximiert werden, wofür keine folgende MTF-Korrektur benötigt wird. Auf dieser Grundlage unterscheidet sich dementsprechend die Ableitung zur Bestimmung der LSF: in Quick MTF erfolgt dies mit lokalen Ableitungen (z.B. mit dem Operator [-1 0 1]), während eine analytische Ableitung der Sigmoid-Funktion im Programm implementiert ist. Anhand der verschiedenen Vorgehensweisen ergeben sich unterschiedliche Funktionen (ESF, LSF), mit denen die MTF bestimmt wird. Diese Unterschiede werden anhand von Kantenbildern im nächsten Abschnitt untersucht. In Quick MTF wird mit der Fourier-Transformierten der LSF die MTF bestimmt. Dahingegen sind drei Varianten der MTF Bestimmung im eigenen Python Programm implementiert:
- Es wird die Fourier-Transformation der LSF bestimmt, die normiert die MTF ergibt.
- Die LSF wird mit einer Gauß’schen Glockenfunktion fG(x) = exp(-λx2) approximiert, von welcher dann die DFT für die MTF bestimmt wird.
- Durch die Approximation der LSF mit einer Gauß’schen Glockenfunktion lässt sich die Fourier-Transformation, und damit die MTF, theoretisch berechnen:
Bei den Analysen werden die Varianten 1 und 2 als in Python bestimmte MTF mit (P) abgekürzt, wohingegen die Variante 3 als theoretische MTF mit (T) gekennzeichnet wird.
Experimentelle Anwendung
Die beiden Analyse-Werkzeuge werden an vier Bildern (s. Abb. 2) angewandt und verglichen. Bei dem ersten Bild handelt es sich um ein künstlich generiertes Kantenbild ohne jegliches Rauschen, wodurch die Grenzen hinsichtlich der Auflösung getestet werden können. Beim Download der Quick MTF Software wurden zwei Kantenbilder (s. Abb. 2) zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wird ein Satellitenbild der Stadt Melbourne [Fourest, 2012] untersucht.
Für die Analyse wurden als Kenngrößen der Kantenwinkel, so wie die Frequenzen der MTF von 0.1, 0.3, 0.5 gewählt. Tabelle 1 zeigt die Differenzen dieser Kenngrößen zwischen der jeweiligen (T)-MTF und dem entsprechenden Ergebnis aus Quick MTF:
Hierfür wurde stets die theoretisch bestimmte MTF (T) mit dem Ergebnis aus Quick MTF verglichen. Dabei liegt in allen vier Fällen ein systematisches Verhalten vor, bei dem für zunehmende MTF-Werte die Frequenzdifferenzen kleiner werden. Die Winkeldifferenzen sind vor allem für die Testkanten (Abb. 2) in einer akzeptablen Größenordnung, doch wird für das Satellitenbild (Abb. 2) die Differenz bereits größer als 1°.
In Tabelle 2 werden aus dem Satellitenbild Abbildung 2 zwei unterschiedliche Kanten untersucht. Dabei wird die Relevanz des Kantenwinkels näher betrachtet. Bei der ersten Kante wurde ein Winkel von ca. 0° detektiert (Bild 4.1), während in der zweiten Kante ein Winkel von ca. 60° bestimmt wurde (Bild 4.2).
Die Schätzung des Winkels erfolgt mit etwa gleichbleibender Genauigkeit, da sich die Winkeldifferenz nicht erheblich ändert. Doch ist das zuvor beschriebene systematische Verhalten aus Tabelle 1 nicht mehr ersichtlich. Ein Grund hierfür liegt darin, dass der Kantenwinkel bei ca. 0° liegt. Da die MTF auf Basis der ESF und LSF bestimmt wird, wird in Tabelle 3 die Parameterschätzung der funktionalen Modelle betrachtet. Nur für dieses Bild hat sich die Frequenzdifferenz zu den implementierten Werten (P) als relativ klein herausgestellt. Für die anderen drei Bilder sind die Differenzen dieser Werte noch größer als die Differenzen zu den theoretisch ermittelten Werten (T).
Ein weiterer zu untersuchender Aspekt ist die Genauigkeit der geschätzten Parameter. Hierfür wurde die Standardabweichung aus der Ausgleichungsrechnung der nicht linearen funktionalen Modelle bestimmt.
Fazit
Einerseits zeigen die Ergebnisse in Tabelle 3, dass die Kantenbilder 1 und 3 numerische Grenzwerte für die Parameter erreicht haben. Der Grenzwert von c=0.1698 wurde implementiert, so dass die Berechnung der Sigmoid-Funktion stabil bleibt. Während die Größenordnung der Standardabweichung für den Parameter c der ESF je nach Bildausschnitt variiert, so bleibt die Genauigkeit für den Parameter λ der Gauß-Kurve stets bei gleich kleiner Größenordnung.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Resultate zeigen, dass die Analysewerkzeuge für die MTF-Bestimmung in Kantenbildern noch erheblich variieren. Dennoch ergeben sich mit der Schätzung der ESF und LSF bereits Angaben für die Auflösung. Die Breite der Optionen für das implementierte Werkzeug lässt sich erweitern mit einerseits anderen MTF Bestimmungen, wie z.B. in Quick MTF, und andererseits besteht die Möglichkeit, die MTF-Bestimmung auf punktförmige Quellen auszudehnen. Vorteil des Implementierten Verfahrens ist, dass die Resultate auch für weitere Untersuchungen durch Verknüpfung mit anderen Werkzeugen verwendet werden kann.
Verweise
[Tiziani, 1977]
H. Tiziani. Beurteilung der Bildqualität von Luftbildkammern. Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik: VPK = Mensuration, photogrammétrie, génie rural, 75(4):137-146, 1977.
[Nasse, 2008]
H. H. Nasse. How to Read MTF Curves, Dezember 2008. Carl Zeiss Camera Lens Division.
[Birchfield, 2017]
S. Birchfield. Reverse-projection method for measuring camera mtf. Symposium on Electronic Imaging 2017 Image Quality and System Performance XIV, 29, 2017.
[Cunningham, 1987]
A. Cunningham, A. Fenster. A method for modulation transfer function determination from edge profiles with correction for finite-element differentiation. Medical Physics, 14 (4), 1987.
[Fourest, 2012]
S. Fourest, P. Kubik, L. Lebègue, C. Déchoz, S. Lacherade, G. Blanchet. Star-based methods for Pleiades HR Commissioning. Remote Sensing and Spatial Information Sciences, XXXIX-B1, 2012.
Ansprechpartner

Michael Cramer
Dr.-Ing.Gruppenleiter Photogrammetrische Systeme